Vom 15. bis 20. November 2021 fanden die Schwimm-Kurzbahn-Weltmeisterschaften für Gehörlose und Schwerhörige in Gliwice/Polen statt.
Unser 17-jährige Schwimmstar Niklas Müller nahm zum ersten Mal an den internationalen Schwimmwettkämpfen teil.
Sein erster Wettkampftag gleich am 15. November schwamm Niklas am Vormittag über 200 m Schmetterling und belegte im Vorlauf den 7. Platz mit einer persönlichen Bestzeit von 2:12,15 Min. Damit war er auch für das Finale am Nachmittag qualifiziert. Im Finale konnte er sich nicht mehr steigern und blieb bei 2:12,55 Min erneut siebter.
Der zweite Wettkampftag am 16. November kam er mit der Disziplin Freistil im Vorlauf über 200 m und belegte mit 2:02,99 den 16. Rang und konnte sich nicht für das Finale qualifizieren, dennoch schwamm er persönliche Bestzeit. Mit dem Ausscheiden aus dem Vorlauf kann er seine Kräfte für die nächsten Disziplinen schönen, denn Schwimmen ist eine Kräftezehrende Herausforderung.
Am 17.11 hat er einen Ruhetag und kann sich das ganze Geschehen noch einmal Revue passieren lassen und sich auf kommende Aufgaben konzentrieren. Denn seine Königsdisziplin liegt noch von ihm.
Am 18. 11 geht es nochmal mit Schmetterling über 100 m in den Vorlauf. Leider reichte ihm die persönliche Bestzeit von 1:01,80 Min nicht und landete auf Rang 12. Da fehlten ihm 4 Sekunden um die Finals mitzumachen.
Am 19.11 kam er mit seiner Königsdisziplin Freistil über 1.500 m. Das ist quasi der Marathon unter den Schwimmwettkämpfen. Bei einer solchen Distanz muss man die Kräfte gut einteilen können. Unsere Schwimmleiterin Gerda hat nach Studium der Gegner für Niklas einen Platz auf dem Treppchen einkalkuliert und ihre Daumen gedrückt und auf ein Edelmetall gehofft. Für diesen Marathon gibt es keinen Vorlauf, denn man startet gleich mit dem Finale. Hier kommt es nicht auf die Schnelligkeit an, sondern auf die richtige Ausdauer und präzises Timing mit den Kraftreserven.
Hochmotiviert und konzentriert stellte sich Niklas auf seinen Startblock, um einen Platz auf dem Treppchen zu anvisieren, denn die Konkurrenz ist Spitzenklasse.
Gerda, Natalija, Elisabeth und ihre Mutter Jana waren zusammen natürlich ganz nervös zu Hause und schauten gespannt auf den Liveticker. Die ersten 100 Meter war ein Kopf an Kopf Rennen zwischen 4 Favoriten (Niklas, Rafal Woijcik aus Polen, Filipp Torishnii aus Russland und Jakub Kramarzyck aus Polen). Nach 200 Metern waren nur noch Niklas und Filipp auf Augenhöhe, die anderen beiden haben knapp 4 Sekunden abreißen müssen. Von 200 Meter bis hin 700 Metern blieben Niklas und Filipp auf Augenhöhe, was bis zur Halbzeit ein spannendes Finish werden könnte. Niklas hatte bis dahin immer sehr knapp seine Führung behauptet (weniger als 1 Sekunde). Aber auf einer solchen Distanz ist es völlig egal wer zur Halbzeit vorne liegt. Wichtig ist den richtigen Rhythmus beizuhalten ohne an Kraft einzubüßen. Denn 800 lagen noch vor ihnen, das ist wie eine Ewigkeit im Schwimmen. Von 800 Metern bis 1.400 Metern schwamm Niklas erstaunlich konstante Zeiten von 1:06,xx Minuten je 100 Meter. Ab 900 Metern lag Niklas bereits 7 Sekunden vor Filipp, der seinen zweiten Platz dem Polen Rafal eingebüßt hatte. Nicht irritieren Niklas, einfach weiter konstant dranbleiben wird sich Gerda gedacht haben, den er schnupperte schon an der Goldmedaille. Bis 1.400 Metern hat auch der Pole Rafal konstante Zeiten auf Niklas Niveau bei einem Abstand von 6 Sekunden das Tempo gleichgehalten. Jetzt kommen die entscheidenden 100 Metern: Die Frage ist jetzt, geht Niklas die Puste aus, oder schafft er die Sensation? Man kann förmlich sehen wie der Pole massiv aufholt, aber auch Niklas spürte das und schaltete einen Gang höher, um seinen Vorsprung ja nicht zu verlieren. Aber was macht der Pole Rafal Wojcik? Der legt den Turbo ein und hatte schon 1 Sekunden auf 50 Metern aufgeholt und holt nochmal 1 Sekunde auf der letzten Bahn auf, dennoch reichte es nicht mehr Niklas einzuholen, denn es fehlten ihm am Ende noch 4 Sekunden.
Nach sagenhaften 16 Minuten und 27 Sekunden reckte Niklas die Arme hoch und war sehr glücklich die Weltmeisterschaft in der Schwimmdisziplin 1.500 Meter Freistil errungen zu haben und völlig verdient.
Unsere Schwimmleiterin und Familie Müller schrien zu Hause beim Liveticker auf und tanzen noch bis in die Abendstunden hinein. Einen solchen Erfolg muss man auch erstmal genießen dürfen. Eine wichtige Anekdote:
Unser Goldjunge Niklas hat seinen persönlichen Rekord um 45 Sekunden unterboten, das den Geschmack auf seine Goldmedaille nochmal versüßt hat.
Wir sind sehr stolz auf Niklas, der bei seinem hörenden Schwimmverein SC Wiesbaden trainiert.
Wir freuen uns riesig, dass unser Schwimmer eine sensationelle Leistung gezeigt hat und sehr gute Karten hat, bei den Deaflympics 2022 teilnehmen zu dürfen. Er wird sich dieser Königsdisziplin bewusst sein, dass da noch Luft nach oben gibt und wird weiter hart trainieren, um seinen Lebenstraum für die Deaflympics zu erfüllen. Spätestens jetzt dürfte er heißer Anwärter auf die Medaille bei den Deaflympics 2022 sein.
Am 21.11.2021 kehrte er glücklich mit der Goldmedaille nach Hause und hatte einen unerwartet warmen Empfang über sich ergehen lassen müssen. Leider konnte das runde Geburtstagskind Gerda nicht beiwohnen, aber die Goldmedaille ist ein großes Geschenk für die Schwimmleiterin. 😉
Niklas wurde in Dezember zu Hessens Para-Sportler des Jahres 2021 nominiert und belegte den 2. Platz. Bei den Lesern lag unser Schwimmer mit einem anderen Para-Sportler noch gleich auf, aber das Experten-Voiting hat sich für den anderen Para-Sportler entschieden. Dennoch ist er für uns der Para-Sportler des Jahres.
Der GSV Heidelberg gratuliert von Herzen zu seinem ersten Weltmeistertitel und seine Leidenschaftliche Einstellung zum Schwimmsport und sieht in ihm eine großartige Perspektive für die nächsten Jahre sich weiterhin ganz oben festzubeißen. Die Fangemeinde GSV Heidelberg freut sich schon auf seine nächsten Auftritte und drückt ihm weiterhin die Daumen.